LDL-Cholesterin im Fokus

Warum es nicht ausreicht, nur das schlechte Cholesterin zu senken

 

Raucht jemand an einem beliebigen Tag zehn Zigaretten und jemand anders nur eine einzige, scheint das Lungenkrebsrisiko auf den ersten Blick klar verteilt. Doch wie viele Zigaretten jemand an einem einzelnen Tag raucht, ergibt kein abschliessendes Bild über das tatsächliche Risiko. Denn dabei wird nicht berücksichtigt, dass die stärker rauchende Person vielleicht den Rest des Monats gar nicht mehr raucht – während die andere Person vielleicht an jedem folgenden Tag zur Schachtel greift.

Deshalb werden für die Beurteilung des Risikos durchs Rauchen letztlich die Packungsjahre zugrunde gelegt. Deren Anzahl wird errechnet, indem man die Zahl der gerauchten Zigarettenpackungen (pro Jahr) mit der Zahl der Raucherjahre multipliziert.

Eine solche Risikobeurteilung ist sinnvoller als eine isolierte Betrachtung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Denn sie berücksichtigt, dass sich das Risiko im Laufe der Zeit summiert.1
Die gleiche Vorgehensweise wird auch für die Sonnenexposition und eine Vielzahl anderer gesundheitlicher Probleme verwendet. Warum also gelten für das öffentliche Verständnis und die Diskussion über Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Low-Density-Lipoprotein-Cholesterinspiegel (LDL-C), einen der Hauptrisikofaktoren, nicht dieselben Voraussetzungen?

 

Eine eingehendere Betrachtung von LDL-Cholesterin

Insbesondere für Hochrisikopatienten, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten oder eine genetische Veranlagung für einen hohen Cholesterinspiegel haben, ist eine dringende und drastische Senkung des LDL-C-Spiegels entscheidend. Denn sie verringert das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse.

Die Senkung ist jedoch nur ein Aspekt des Problems. Denn die Belastung durch LDL-Cholesterin summiert sich eben auch hier mit der Zeit. «LDL-C hat sowohl einen kausalen als auch einen kumulativen Effekt auf das Lebenszeitrisiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen», erklärt Professor Brian A. Ference von der Universität Cambridge (GB).2

Darüber hinaus können selbst kleine Senkungen des LDL-C-Wertes im Laufe der Zeit das Lebenszeitrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich verringern.3 Studien zeigen, dass Patienten, die ihren LDL-C-Wert um nur 13 mg/dl senken, diesen Wert aber über 50 Jahre beibehalten, ihr Risiko genauso stark verringern können wie Patienten, die ihren Wert um 39 mg/dl senken, ihn aber nur 5 Jahre beibehalten.3

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Hochrisikopatienten nicht nur eine LDL-C-Senkung erreichen, sondern diese auch über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten. In der Praxis kann es sich jedoch als schwierig erweisen, niedrige LDL-C-Werte zu erreichen und aufrechtzuerhalten.

 

Abbildung adaptiert nach Brandts J, et al. Circulation. 2020;141:873–876.

Diese Grafik zeigt die log-lineare Beziehung zwischen den absoluten Unterschieden in der Belastung durch LDL-C bei verschiedenen Therapieansätzen (nach Berücksichtigung der Therapieadhärenz) und der relativen Risikoreduktion bei Herzerkrankungen über 5 und 52 Jahre. Die Auswirkung der Expositionsdauer auf die relative Risikoreduktion ist mit horizontalen gestrichelten Linien für eine Expositionsdauer von 5 Jahren und mit horizontalen durchgezogenen Linien für eine Expositionsdauer von 52 Jahren angegeben. Die Grafik zeigt die Auswirkungen einer durchschnittlichen jährlichen LDL-C-Senkung von 39 mg/dl bei perfekter Therapieadhärenz (siRNAs, Impfstoffe, Genom-Editierung), die möglichen Auswirkungen einer durchschnittlichen jährlichen LDL-C-Senkung von 31 mg/dl für monoklonale Antikörper (mAbs) bei unvollkommener Therapieadhärenz und die möglichen Auswirkungen einer durchschnittlichen jährlichen LDL-C-Senkung von 23 mg/dl mit Statinen.

 

 

 

Herausforderungen für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Derzeit erhältliche Medikamente zur Behandlung von erhöhtem LDL-Cholesterin können eine erhebliche Belastung für die Patienten darstellen. Denn sie nehmen häufig bereits mehrere Medikamente für andere Erkrankungen ein. Vom Erinnern an die tägliche Einnahme der Tabletten bis hin zur Bitte um ein Folgerezept und das Abholen von Rezepten kann die Belastung erheblich sein.3 Dazu kommt, dass die Patienten keine Symptome haben und daher das Risiko nur schwer einschätzen können bzw. nicht motiviert sind, die Medikamente einzunehmen. 

Ähnlich wie beim Beispiel mit den Zigaretten zu Beginn summieren sich diese Behandlungslücken und die daraus resultierenden Schwankungen des LDL-C-Wertes im Laufe der Zeit und können das Risiko der Patienten erheblich erhöhen.3,4

Die Ärzte erhalten jedoch häufig nur eine Momentaufnahme der LDL-C-Werte ihrer Patienten und gehen möglicherweise davon aus, dass die anfängliche deutliche Senkung von Dauer ist.3

 

Zukunftsaussichten für LDL-Cholesterin

Offensichtlich müssen wir anfangen, über das kardiovaskuläre Risiko auf die gleiche Weise nachzudenken wie über das Risiko des Rauchens oder der Sonnenexposition – mit einer langfristigen Gesamtbetrachtung der Exposition.

Vieles spricht dafür, dass eine Senkung des LDL-C-Werts früher beginnen sollte.5 Hierfür sind Strategien vonnöten, welche die Schwierigkeiten der Patienten und deren Auswirkungen auf das Risiko im Laufe der Zeit berücksichtigen. So ermöglichen wir eine aussagekräftigere und genauere Beurteilung der tatsächlichen Wirkung der Therapie.4,5

Diese Strategien werden wahrscheinlich neue, einfacher zu dosierende und zu verabreichende Behandlungen erfordern. Diese können die Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, LDL-C-Senkungen weit über die Praxisbesuche hinaus zu erreichen und aufrechtzuerhalten –ohne zusätzliche Belastungen für die Patienten.5

Solche Medikamente, die eine langfristige Kontrolle unterstützen, könnten eine geringere jährliche LDL-C-Belastung ermöglichen. Sie könnten letztlich Leben retten. Professor Ference beschrieb dies in einem Interview als «eine neue Ära, in der wir beginnen können, über die Prävention und nicht über die Behandlung von Atherosklerose nachzudenken».

 

Referenzen: 

  1. Pleasants RA, et al. Ann Am Thorac Soc. 2020;17(7):804–806.
  2. Ference B, et al. Eur Heart J. 2017;9(1):1–9.
  3. Brandts J, et al. Circulation. 2020;141:873–876.
  4. Ference B, et al. J Am Coll Cardiol. 2012;25;60(25):2631–9.
  5. Penson PE, et al. BMC Med. 2020;8;18(1):320.

Novartis stellt die aufgeführten Referenzen auf Anfrage zur Verfügung


 

 

CH2201171694