RNA-Technologie: eine Geschichte von Blumen und medizinischer Revolution

Hin und wieder können Fehler ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Die wissenschaftliche Revolution, die aus der zufälligen Entdeckung der RNA-basierten Technologie entstand, ist so eine aussergewöhnliche Geschichte. Eine, die uns spannende neue Behandlungswege ermöglichen wird. Dank der RNA-Technologie wagen wir uns heute an Dinge heran, die noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar waren. Aufgrund der jüngsten weltweiten Pandemie sind RNA-Impfstoffe in aller Munde. Wir haben darüber in den Nachrichten oder in Dokumentarfilmen gehört und die wichtige Rolle verstanden, welche sie bei der Rettung von Menschenleben spielen.

 

Eine aufregende Zukunft für die Medizin

Von Ribonukleinsäure (RNA) haben wir in letzter Zeit viel gehört. Diese Kopie unserer DNA ist die Grundlage für die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkungsweise einiger COVID-19-Impfstoffe. Wie wir wissen, wird bei der RNA-Technologie in den Impfstoffen gegen COVID-19 die Boten-RNA-(mRNA-)Technologie verwendet. Sie gibt dem Körper die Anweisung, bestimmte Proteine zum Schutz gegen das Virus zu produzieren. Die mRNA-basierte Impfstofftechnologie ermöglicht es unserem Körper, selbst Antikörper gegen das Virus zu produzieren, anstatt sie in einem Labor herzustellen.Bei bestimmten medizinischen Anwendungen, z. B. bei Impfstoffen, wird mRNA verwendet, um damit Proteine im Körper zu bilden.

Aber es war eine zufällige Entdeckung in Petunien vor etwa 30 Jahren, welche die Forscher auf einen anderen nützlichen RNA-Mechanismus aufmerksam machte, der zur Blockierung unerwünschter Proteine genutzt werden kann. Als Wissenschaftler an der Universität von Arizona versuchten, violette Petunien noch violetter zu machen, injizierten sie den Pflanzen Gene, die für Violett kodierten, und zu ihrer Überraschung wurden die Blüten stattdessen weiss. Es scheint, dass die Anweisungen für die violette Pigmentierung die natürlich vorkommenden violetten Anweisungen der Blumen blockiert hatten, ohne dabei ihre DNA zu verändern.Diese Forschungsarbeiten führten die Forscher Andrew Fire und Craig Mello zur Entdeckung des als RNA-Interferenz (RNAi) bekannten Mechanismus. Dafür erhielten sie 2006 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin und das enorme Potenzial ihrer Forschungen konnte richtig zum Tragen kommen.3

Die RNA-Interferenz kann genutzt werden, um die Produktion von Proteinen zu verhindern, indem man auf ihre mRNA abzielt.4 Die RNA-basierte Technologie wird in Arzneimitteln mit «small interfering RNA» (siRNA; kleine interferierende RNA) eingesetzt, um die mRNA von krankheitsrelevanten Proteinen stillzulegen. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass potenziell schädliche Proteine überhaupt erst gebildet werden.5,6

 

 

Proteinproduktion und RNA-basierte Therapeutika 

a Die genetische Information der DNA wird in RNA umgeschrieben und in Proteine übersetzt.
b Die synthetische mRNA kodiert für ein Spike-Protein, das vom Immunsystem erkannt wird, um Antikörper gegen das Virus zu produzieren.7 
Die siRNA verbindet sich mit dem RNA-induzierten Silencing-Komplex (RISC) und der Ziel-mRNA, wodurch der Abbau der mRNA eingeleitet wird.

 

Die Möglichkeiten für diese Technologie sind vielfältig. Theoretisch sind siRNA-basierte Therapien hochspezifisch und haben nur ein mRNA-Ziel. Da die Wirkungsweise einen natürlich vorkommenden Prozess in den Zellen nutzt, sind siRNA-basierte Behandlungen zudem besonders wirksam und selektiv. Verbesserungen bei der Stabilität bestimmter siRNAs haben zu einer lang anhaltenden Wirkung geführt und einige können über Monate hinweg aktiv bleiben. Daher müssen etliche dieser Injektionspräparate viel seltener verabreicht werden, was für Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe im Vergleich zu anderen derzeit verfügbaren Medikamenten eine bequemere Dosierung ermöglicht.

Medikamente auf siRNA-Basis können auch in grossem Massstab entwickelt und hergestellt werden, und zwar viel schneller als neue Wirkstoffe, die für andere Behandlungsarten benötigt werden.6,8 Die RNA-Technologie sorgt für echte Durchbrüche bei genetischen, kardiometabolischen, infektiösen, neurologischen und ophthalmologischen Krankheiten. siRNA-basierte Therapien werden derzeit im Bereich der Lipidsenkung entwickelt und bieten gute Aussichten für Patienten mit atherosklerotisch bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen.8,9 Es überrascht also nicht, dass aktuell alle über die vielversprechenden Möglichkeiten der RNA-Technologie diskutieren.

 

 

Referenzen:

  1. Bettini E, Locci M. Vaccines (Basel). 2021;9(2):147.
  2. Novartis website. Take a visual tour of medicines that target RNA. Available from: https://www.novartis.com/stories/discovery/takevisual-tour-medicines-tar... (accessed April 2021).
  3. The 2006 Nobel prize in physiology or medicine summary. Available from: https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/2006/summary/ (accessed April 2021).
  4. Chery J. Postdoc J. 2016;4(7):35-50.
  5. Hu B, et al. J Gene Med. 2019;21(7):e3097.
  6. Dana H, et al. Int J Biomed Sci. 2017;13(2):48-57.
  7. Callaway E. Nature. 2020;580(7805):576-577.
  8. Saw PE, Song EW. Sci China Life Sci. 2020;63(4):485-500.
  9. AJMC website. siRNA therapeutics are poised to become the next standard class of medicine. Available from: https://www.ajmc.com/view/market-of-sirnas-poised-to-expand-beyond-3-cur... (accessed May 2021).

Novartis stellt die aufgeführten Referenzen auf Anfrage zur Verfügung


 

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