Eine Erkrankung, viele Gesichter: Was ist chronische spontane Urtikaria (Nesselsucht)?

 

Urtikaria (Nesselsucht) ist eine häufige Erkrankung. Mehr als 4 % aller Menschen weltweit sind einmal in ihrem Leben von chronischer Urtikaria betroffen.1 Der Verlauf einer chronischen spontanen Urtikaria (CSU) ist stark unterschiedlich, genauso wie die Dauer – bei einigen Patientinnen und Patienten verschwindet die Erkrankung bereits nach einem halben Jahr, bei anderen bleibt sie über Jahrzehnte.

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Krankheitsanzeichen der chronischen spontanen Urtikaria  

Die chronische spontane Urtikaria (CSU) ist eine Hauterkrankung, die eine erhebliche Belastung für die Patientinnen und Patienten darstellt: So treten bei den Betroffenen – über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen – plötzlich und ohne erkennbare Ursache rote, geschwollene, juckende und zum Teil schmerzhafte Nesseln (Quaddeln) auf der Haut auf.2–4 Bei über 40 % der Patientinnen und Patienten kommt es darüber hinaus zu Schwellungen der tieferen Hautschichten, sogenannten Angioödemen oder auch Nesselödemen5, welche an bestimmten Körperstellen (z. B. Hals) lebensbedrohlich sein können. Angioödeme im Gesicht beeinträchtigen die Lebensqualität stark.

CSU-Patientinnen und Patienten sind in allen Bereichen ihres Lebens stark eingeschränkt. Der körperliche und mentale Zustand ist mit dem bei Psoriasis vergleichbar.6 Während Präsentismus, Absentismus und allgemeine Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit bei den zwei Erkrankungen vergleichbar sind, treten psychische Faktoren wie Schlafstörungen, Depressionen und Ängste bei der chronischen spontanen Urtikaria noch deutlicher hervor.

Nur bei etwa jeder zweiten Patientin/jedem zweiten Patienten gelingt die Symptomkontrolle mit der zugelassenen Dosierung eines nicht sedierenden Antihistaminikums der zweiten Generation.4,7,8

 

Abbildung zu den Krankheitsanzeichen der chronisch spontanen Urtikaria

Abb. 1: Krankheitsanzeichen der CSU
Adaptiert nach O’Donnell et al. 19976 und Balp et al. 201813

 

 

Klinisches Erscheinungsbild der chronischen spontanen Urtikaria (CSU)

Die Urtikaria ist charakterisiert durch das plötzliche Auftreten von juckenden Nesseln (Quaddeln) und/oder Angioödemen. Nach den derzeit vorliegenden Daten treten bei 33–67 % der Patienten mit chronischer spontaner Urtikaria (CSU) juckende Nesseln und die tieferen urtikarischen Schwellungen (Angioödeme) gleichzeitig auf, bei 29–65 % zeigen sich nur Quaddeln und bei 1–13 % kommt es ausschliesslich zu Angioödemen.4

 

Eine Quaddel hat 3 typische Merkmale:

  1. Eine oberflächliche Schwellung der Haut unterschiedlicher Grösse, fast immer umgeben von einem Erythem
  2. Jucken und/oder Brennen, Schmerzen
  3. Flüchtigkeit, wobei sich das Erscheinungsbild der Haut innerhalb von 1–24 Stunden wieder normalisiert.

 

Das Angioödem ist charakterisiert durch:

  1. Eine plötzliche, ausgeprägte Schwellung der tieferen Dermis und Subkutis
  2. Mitunter heftige Schmerzen, seltener Jucken
  3. Häufige Beteiligung der Schleimhäute
  4. Eine Rückbildung, die mit bis zu 72 Stunden länger dauert als bei Nesseln (Quaddeln)

 

 

CSU – Hilfe zur Analyse für Arzt und Patient 

Der Urtikariakontrolltest (UCT) bietet einen Überblick über die Situation des Patienten innerhalb der letzten 4 Wochen bezogen auf Symptomkontrolle und Therapieerfolg. So lag der UCT bei Baseline in der Urtikaria-Studie «AWARE» z. B. bei 7.5, was auf eine unvollständige Therapiekontrolle und schlechte Lebensqualität der Patienten deutet.9 Etwa drei Viertel der Patienten gehen nicht mehr zum Arzt, weil sie der Meinung sind, dass ihnen die gängigen Medikamente nicht helfen oder sie selber wissen, was zu tun ist.10

 

Epidemiologie

Grundsätzlich kann die Erkrankung in jedem Alter auftreten, wobei die ersten Beschwerden meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt werden. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.4

Die Zahlen zur Verteilung der Urtikaria-Patienten mit und ohne Nesselödemen schwanken in der Literatur sehr stark, es wird angenommen, dass über 40 % der Patienten unter Quaddeln und Angioödemen leiden5, was auch die Daten aus der Studie AWARE bestätigten.9

 

Abbildung zur Epidemiologie der chronisch spontanen Urtikaria

Abb. 2: Epidemiologie der CSU
Adaptiert nach Maurer et al. 20114 und Zuberbier et al. 202212

 

 

Erkrankungsdauer

Bei den meisten Patienten dauert CSU bis zu 5 Jahren; bei 14 % hält die Erkrankung mehr als fünf Jahre an. Es liegen aber auch Fälle vor, bei denen die Dermatose über mehrere Jahrzehnte – bis zu 50 Jahre – anhielt.4 Es wurde festgestellt, dass alle Urtikaria-Formen Spontanremissionen aufweisen und die Erkrankung unabhängig von der therapeutischen Intervention verschwinden kann. Es lässt sich jedoch nicht vorhersagen, wann und bei welchem Patienten sie eintreten wird.11

Die Autoimmunerkrankung weist aktive und inaktive Phasen auf, wobei die Dauer der einzelnen Phasen variiert und es zum Teil auch zu einer andauernden Inaktivität kommen kann. 
 

 

 

  1. Fricke J, Ávila G, Keller T, et al. Prevalence of chronic urticaria in children and adults across the globe: Systematic review with meta-analysis. Allergy. 2020;75(2):423–432. doi:10.1111/all.14037.
  2. Asthma and Allergy Foundation of America (AAFA), http://www.aafa.org/display.cfm?id=9&sub=23&cont=328, Zugriff im August 2023.
  3. American Academy of Allergy Asthma & Immunology (AAAAI), http://www.aaaai.org/conditions-and-treatments/allergies/skin-allergy.aspx, Zugriff im August 2023.
  4. Maurer M et al. Unmet clinical needs in chronic spontaneous urticaria. A GA(2)LEN task force report. Allergy 2011;66:317–330. 
  5. Gonçalo M, Gimenéz-Arnau A, Al-Ahmad M, et al. The global burden of chronic urticaria for the patient and society. Br J Dermatol. 2021;184(2):226–236. doi:10.1111/bjd.19561 
  6. Balp MM, Khalil S, Tian H, Gabriel S, Vietri J, Zuberbier T. Burden of chronic urticaria relative to psoriasis in five European countries. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2018;32(2):282-290. doi:10.1111/jdv.14584.
  7. Weller K, et al. Management of chronic spontaneous urticaria in real life--in accordance with the guidelines? A cross-sectional physician-based survey study J Eur Acad Dermatol Venereol 2013;27:43–50.
  8. Ayse Ornek S, Orcen C, Church MK, Kocaturk E. An evaluation of remission rates with first and second line treatments and indicators of antihistamine refractoriness in chronic urticaria. Int Immunopharmacol. 2022;112:109198. doi:10.1016/j.intimp.2022.109198
  9. Maurer, M., Houghton, K., Costa, C. et al. Differences in chronic spontaneous urticaria between Europe and Central/South America: results of the multi-center real world AWARE study. World Allergy Organ 2018;11:32. https://doi.org/10.1186/s40413-018-0216-1
  10. Maurer M, et al. ATTENTUS, a German online survey of patients with chronic urticaria highlighting the burden of disease, unmet needs and real-life clinical practice. British Journal of Dermatology 2016;174: pp892–894. 
  11. Maurer M et al. Diagnostik und Therapie der chronischen Urtikaria – was wird von Revision und Aktualisierung der internationalen Leitlinie erwartet? Ein Report der öffentlichen Konsensuskonferenz «URTICARIA 2012», Allergo J 2013;22(5):324–29. 
  12. Zuberbier T, et al. The international EAACI/GA²LEN/EuroGuiDerm/APAAACI guideline for the definition, classification, diagnosis, and management of urticaria. Allergy 2022 7 Mar;77(3):734–766. 
  13. O'Donnell BF, Lawlor F, Simpson J. et al. 1997. The impact of chronic urticaria on the quality of life. Br J Dermatol 1997;136:197–201.

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CH2309056368