AMD: Risikofaktoren, Symptome und Diagnose

Eine AMD kann lange unbemerkt verlaufen. Vorsorgeuntersuchungen sind daher bei Patienten ab dem 40 - 45 Lebensjahr sinnvoll.1

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine multifaktoriell bedingte Alterserkrankung, die durch unterschiedliche Risikofaktoren getriggert wird.1,2 Da die Symptome abhängig von der Erkrankungsform und dem Krankheitsstadium auftreten und häufig lange unbemerkt bleiben, ist eine umfassende und frühzeitige Diagnostik wichtig.2

 

 

Risikofaktoren der AMD

Die Entwicklung der AMD ist ein multifaktorielles Geschehen, dessen Risikofaktoren in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen erforscht wurden. Als Hauptrisikofaktoren gelten:2

  • Alter: AMD Prävalenz und Inzidenz steigen mit zunehmendem Lebensalter3
  • Familiäre Veranlagung: Verschiedene Gene wurden mit einem erhöhten AMD-Risiko assoziiert
  • Rauchen: Gesicherter Risikofaktor, der modifizierbar ist.

 

Zu den weiteren bekannten Risikofaktoren, die eine AMD begünstigen können, zählen:1-6

  • arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • erhöhter Cholesterinspiegel 
  • Diabetes mellitus
  • Übergewicht und Fehlernährung (u.a. niedriger Gemüse- und Obstkonsum)
  • helle Augen- und Hautfarbe 
  • Sonnenstrahlung 

 

Liegt ausserdem in einem Auge eine AMD vor, erhöht sich das Risiko, dass sich im zweiten Auge ebenfalls eine AMD entwickeln wird.2 Unter dem Einfluss dieser Faktoren – insbesondere des Alters – kommt es zu den AMD-typischen exsudativen und degenerativen Veränderungen der Makula.1-5

 

 

AMD-Symptome und ihre Wahrnehmung

Vor allem im Frühstadium oder wenn die Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis; Einsenkung im Zentrum der Makula) nicht mitbetroffen ist kann die AMD lange unbemerkt verlaufen, sodass die Erkrankung erst in einem späteren Stadium auffällt.Selbst bei zunehmendem Sehverlust des erkrankten Auges kann die Sehfähigkeit lange durch das gesunde Auge kompensiert werden.7

Zu den typischen AMD-Symptomen zählen:2,3

  • Sehverschlechterung (akut oder schleichend)
  • Erhöhter Lichtbedarf zum Sehen
  • Abnahme des Kontrastempfindens und des Farbensehens
  • Verzerrtes Sehen (Metamorphopsie)
  • Sukzessive Abnahme der zentralen Sehschärfe bis hin zum Zentralskotom (Grauer/dunkler Fleck im Zentrum des Gesichtsfelds)

 

 

 

AMD-Diagnose im Fokus

Eine möglichst frühe Diagnose der AMD ist vor allem für die feuchte AMD von grosser Bedeutung, da hier therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die dem raschen progredienten Sehverlust entgegenwirken können.9

Folgende Diagnostik-Tools kommen zum Einsatz:1,3,10

  • Sehschärfetest 
  • Amsler-Gitter-Test
  • Funduskopie/Fundusfotografie 
  • Optische Kohärenz-Tomographie (OCT)
  • Fundusangiographie
    • Fluoreszenzangiographie
    • Indocyaningrün-Angiographie (ICG-A)
    • OCT-Angiographie (OCT-A)

 

Ein üblicher Sehtest mit Sehtafeln gibt Hinweise auf einen eventuellen Visusverlust.1 Ein einfaches, aber aussagekräftiges Tool ist der Amsler-Gitter-Test zum Nachweis von Metamorphopsien oder eines Zentralskotoms. Die AMD-typischen Veränderungen können dazu führen, dass die Linien in dem Gitter wellig erscheinen (Metamorphopsie) oder dass der zentrale Fixierpunkt nicht mehr gesehen wird (Zentralskotom). Dieser Test kann auch vom Patienten selbst eingesetzt werden.1,2 In der Funduskopie wird der Augenhintergrund beurteilt und AMD-typische Retinaveränderungen werden erfasst.3 

Im Fokus der verschiedenen Methoden der Fundusangiographie steht die Beurteilung der Neovaskularisation der Netzhaut. Die Fluoreszenzangiographie ist das Standardverfahren zur Diagnosesicherung einer feuchten AMD und dient als Basis für Klassifizierung, Prognoseabschätzung und klinisches Management.4,11 

Durch die intravenöse Injektion des Farbstoffes Fluoreszin werden Gefäss- und Durchblutungsstatus der Retina dargestellt und eventuelle Neovaskularisationen oder Flüssigkeitsansammlungen (Exsudate) sichtbar gemacht.4,11

Die nicht-invasive optische Kohärenztomographie (OCT) wird sowohl zur Erstbeurteilung bzw. Diagnosesicherung einer feuchten AMD als auch zur Verlaufskontrolle unter medikamentöser Therapie eingesetzt.11

Sie ermöglicht die morphologische Darstellung und Beurteilung struktureller Veränderungen der verschiedenen Schichten der Retina: die Dicke der Netzhaut und Fovea (IRT/ CFT) kann gemessen werden, und die Neovaskularisationen, intraretinalen Cysten (IRC), subretinalen Flüssigkeitsansammlungen (SRF) und retinalen Pigmentepithelabhebungen (PED) können visualisiert werden.12

 

Die feuchte AMD verstehen

Typisch für die Entwicklung einer feuchten AMD sind makuläre Neovaskularisationen (MNV)14 die entstehen, um eine Unterversorgung der Makula zu kompensieren.15 Das retinale Pigmentepithel (RPE) kann aufgrund abgelagerter Stoffwechselprodukte seiner wesentlichen Funktion der Blut- und Nährstoffversorgung der Netzhaut nicht mehr nachkommen.15,16

Der resultierende oxidative Stress und die zunehmende Gewebehypoxie initiiert die vermehrte Freisetzung verschiedener Mediatoren, vor allem des endothelialen Wachstumsfaktors (Vascular Endothelial Growth Factor, VEGF). So wird die Neubildung von Blutgefässen induziert, die von der Aderhaut (Choroidea) in die Makula hineinwachsen.15,16 Allerdings handelt es sich hierbei um krankhafte, abnormale Gefässe, mit sehr fragilen und porösen Gefässwänden, sodass es zu Einblutungen und Ansammlungen von Flüssigkeit in der Netzhaut kommt.3,15 

Diese Flüssigkeitsansammlungen im Zentrum der Netzhaut führen u.a. zu Ödemen, Anschwellungen und Abhebung des retinalen Pigmentepithels (PED).11

 

Bilder mit Genehmigung modifiziert nach [17,18]

Die Flüssigkeit kann wie folgt auftreten:

Bilder mit Genehmigung modifiziert nach [17,18]

Die Flüssigkeit kann wie folgt auftreten:

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Diese Einblutungen führen zu einer dauerhaften Schädigung der Makula, vermutlich u.a. aufgrund von im Blut enthaltendem Eisen, das den Photorezeptoren schadet.19 Im irreversiblen Endstadium zeigen sich Vernarbung und Atrophie.2,3 Da eine überlegene Flüssigkeitsreduktion mit einer besseren Visusentwicklung assoziiert ist, ist das oberste Behandlungsziel bei einer feuchten AMD die Retina zu trocknen und damit den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.20

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Klassifizierung einer feuchten AMD

Klassifiziert wird die feuchte AMD unter anderem auch anhand ihrer Neovaskularisation. Diese ist prädiktiv für den weiteren Verlauf und umfasst unter anderem folgende Typen.21

 

  1. Die Typ-1-MNV (makuläre Neovaskularisation) betrifft ca. 40% aller neu diagnostizierten wAMD-Fälle. Wurde in älteren Klassifikationen als okkulte choroidale Neovaskularisation (CNV) bezeichnet.21 Hier liegen die Läsionen unter dem retinalen Pigmentepithel.22 
  2. Die Typ-2-MNV entsteht auch aus der Choroidea und zeigt initial vor allem ein vertikales Wachstum mit Einwachsen von Gefässen bis in den subretinalen Raum. Wurde in älteren Klassifikationen als klassische CNV bezeichnet.21, 22
  3. Die Typ-3-MNV ist typisch bei retinaler angiomatöser Proliferation (RAP) mit neovaskulären Proliferationen innerhalb der Retina. Mit ca. 30 % aller neu diagnostizierten wAMD-Fälle bildet dieser Typ die zweitgrösste Gruppe.22 
  4. Gemischte Läsionen, also eine Kombination aller Neovaskularisations-Typen zeigten ca. 17 % aller neu diagnostizierten wAMD-Fälle.22 
  5. Eine Variante der Typ-1-MNV, die polypoidale choroidale Vaskulopathie (PCV), ist vor allem bei farbigen und asiatischen Patienten anzutreffen. Diese Variante ist mit einer verdickten Choroidea und einem spezifischen Typ von Drusen, sogenannten Pachydrusen assoziiert.23 Hier liegen die Läsionen unter dem retinalen Pigmentepithel.24

 

Aufgrund der Komplexität dieser Erkrankung sind im Laufe der Zeit weitere Klassifikationen dazugekommen.

 

Referenzen:

  1. Leitlinie Nr. 21 Altersabhängige Makuladegeneration AMD, Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, Stand 30.10.2015
  2. Stahl A. The Diagnosis and Treatment of Age-Related Macular Degeneration. Deutsches Ärzteblatt International 117.29-30 (2020): 513.
  3. Lang G. Altersbedingte Makuladegeneration. Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde 2003; 220(8), pp. R1–R16. doi: 10.1055/s-2004-821345.
  4. Lim LS et al. Age-related macular degeneration. Lancet 2012; 379: 1728–38
  5. Sakurada Y et al. Systemic risk factors associated with polypoidal choroidal vasculopathy and neovascular age-related macular degeneration. Retina 33.4 (2013): 841-845.
  6. Evans J. Risk factors for age-related macular degeneration. Progress in retinal and eye research 20.2 (2001): 227-253.
  7. Feltgen N, Hörauf H. Diagnostik und Therapie der altersabhängigen Makuladegeneration
  8. Fine AM et al. Earliest Symptoms Caused by Neovascular Membranes in the Macula. Arch Ophthalmol. 1986: Apr;104(4):513-4.
  9. Li, JQ et al. Retinal diseases in Europe: prevalence, incidence and healthcare needs. European Society of Retina Specialists (EURETINA), 2017. 1-28.
  10. Holz FG et al. Imaging protocols in clinical studies in advanced age-related macular degeneration: recommendations from classification of atrophy consensus meetings. Ophthalmology 124.4 (2017): 464-478.
  11. Schmidt-Erfurth U et al. Guidelines for the management of neovascular age-related macular degeneration by the European Society of Retina Specialists (EURETINA). British Journal of Ophthalmology 98.9 (2014): 1144-1167.
  12. Lai T et al. Biomarkers of optical coherence tomography in evaluating the treatment outcomes of neovascular age-related macular degeneration: a real-world study. Scientific reports 9.1 (2019): 1-10.
  13. Staurenghi G, Sadda S, Chakravarthy U et al. Proposed lexicon for anatomic landmarks in normal posterior segment spectral-domain optical coherence tomography. Ophthalmology 2014; 121:1572-1578.
  14. Spaide RF et al. Consensus Nomenclature for Reporting Neovascular Age-Related Macular Degeneration Data. Consensus on Neovascular Age-Related Macular Degeneration Nomenclature Study Group. Ophthalmology. 2019;-:1-21.
  15. Al-Zamil WM, Yassin SA. Recent developments in age-related macular degeneration: a review. Clinical Interventions in Aging. 2017; 12:1313–1330.
  16. Michalska-Małecka K et al. Age related macular degeneration–challenge for future: pathogenesis and new perspectives for the treatment. European Geriatric Medicine 6.1 (2015): 69-75.
  17. Folgar FA, Jaffe GJ, Ying GS et al. Comparison of optical coherence tomography assessments in the comparison of age-related macular degeneration treatments trials. Ophthalmology. 2014;121: 1956-1965.
  18. Busbee BG, Ho AC, Brown DM et al. Twelve-month efficacy and safety of 0.5 mg or 2.0 mg ranibizumab in patients with subfoveal neovascular age-related macular degeneration. Ophthalmology. 2013; 120:1046-1056.
  19. Dunaief J. Iron induced oxidative damage as a potential factor in age-related macular degeneration: the Cogan Lecture. Investigative ophthalmology & visual science 47.11 (2006): 4660-4664.
  20. Schmidt-Erfurth U et al. A comparison of the therapeutic response between brolucizumab and aflibercept in the HAWK & HARRIER trials using deep learning-based OCT analysis. ARVO Annual Meeting 2020
  21. Kellner, Ulrich et al. Atlas des Augenhintergrundes. Kapitel 3 Degenerative Makulopathien. Thieme, 2021
  22. Jung J et al. The incidence of neovascular subtypes in newly diagnosed neovascular age-related macular degeneration. American journal of ophthalmology 158.4 (2014): 769-779.
  23. Spaide RF. Improving the age-related macular degeneration construct. A new classification system. Retina. 2018;38:891-899.
  24. American Academy of Ophthalmology. Eye Wiki. https://eyewiki.aao.org/Polypoidal_Choroidal_Vasculopathy#Physical_exami... (letzter Zugriff am: 07.07.2023)
  25. Freund KB, Zweifel SA, Engelbert M. Do we need a new classification for choroidal neovascularization in age-related macular degeneration? Retina. 2010;30:1333-1349.
     

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CH2307281899