Multiple Sklerose (MS): Formen, Krankheitsverlauf und Pathophysiologie

Multiple Sklerose (MS) ist eine anspruchsvolle Autoimmunerkrankung, die hauptsächlich das zentrale Nervensystem betrifft. Sie ist durch Entzündungen und Schäden im zentralen Nervensystem charakterisiert und löst eine Kaskade von Reaktionen aus, die möglicherweise zum Verlust von Neuronen führen.

 

Klassifikation und Verlaufsformen der MS

MS zeigt sich in verschiedenen klinischen Verlaufsformen, die den individuellen Krankheitsverlauf beeinflussen. Das Verständnis dieser Verlaufsformen ist für die klinische Praxis und die therapeutische Entscheidungsfindung zentral:

 

Klinisch isoliertes Syndrom (CIS):

  • Charakteristik: Das klinisch isolierte Syndrom ist oft der erste Hinweis auf eine mögliche MS. Es repräsentiert eine einzelne, erste Episode von neurologischen Symptomen, die mindestens 24 Stunden anhalten.1,2
  • Progression: Nicht jeder, der ein CIS erlebt, entwickelt MS. Bei einigen Personen kann es bei dieser einen Episode bleiben. Bei anderen kann sich hieraus RRMS entwickeln, besonders wenn weitere Schübe auftreten.1,2

 

Schubförmig remittierende MS (RRMS):

  • Charakteristik: Schubförmig remittierende MS (RRMS) ist die häufigste Form der MS und zeichnet sich durch klar definierte Schübe von neuer oder zunehmender neurologischer Aktivität aus.1,2
  • Verlauf: Während der Remissionsphasen gibt es keine offensichtliche Progression der Krankheit. Mit der Zeit können jedoch neurologische Symptome bestehen bleiben und sich verschlimmern.1,2

 

Sekundär progrediente MS (SPMS):

  • Charakteristik: Bei Sekundär progrediente MS (SPMS) treten nach einer anfänglichen Phase der RRMS weniger oder keine Schübe auf, aber die Krankheit schreitet stetig fort.1,2
  • Verlauf: Einige Patienten mit Sekundär progrediente MS (SPMS) können gelegentliche Schübe, kleinere Remissionen oder Plateaus in ihrer Funktion erleben, aber die allgemeine Richtung ist die fortschreitende Verschlechterung.1,2

 

Primär progrediente MS (PPMS):

  • Charakteristik: Primär progrediente MS (PPMS) unterscheidet sich von RRMS und SPMS durch das Fehlen von klaren Schüben und Remissionen.1
  • Verlauf: Im Gegensatz zu RRMS und SPMS, von denen Frauen häufiger betroffen sind, sind Männer und Frauen bei PPMS etwa gleich häufig betroffen.3 Die Diagnose erfolgt in der Regel in einem späteren Alter als RRMS.1

 

 

Krankheitsverlauf bei MS

Mit der Krankheitsprogression, insbesondere beim Übergang von Schubförmig remittierende MS zu Sekundär progrediente MS, verringert sich die Infiltration peripherer Immunzellen, während eine kompartmentalisierte Entzündung überwiegt.1 Dies führt zu verstärkten neuro-axonalen Schäden und dem Verlust von Oligodendrozyten.

 

Erfahren Sie in den Patientenvideos, was die Krankheit für Betroffene bedeutet:
 

MS – eine vielschichtige Erkrankung mit vielen Gesichtern

 

 

Pathophysiologie der MS 

MS ist eine zellvermittelte Autoimmunreaktion gegen das zentrale Nervensystem. Zwei dominante Entzündungsprozesse charakterisieren die klinische Aktivität der MS: die peripher-getriebene Entzündung und die Neurodegeneration des ZNS.1,2,4,5

In der Anfangsphase sind periphere Immunzellen, vor allem B- und T-Zellen, die Hauptakteure der Entzündung. Diese Zellen wandern ins ZNS und verursachen Entzündungen sowie Schäden an Axonen und Myelinscheiden, was zur Bildung aktiver demyelinisierender Läsionen führt.1,2,4,5

Ein weiterer wichtiger Aspekt der MS-Pathophysiologie ist die Atrophie des Hirnvolumens, verbunden mit einer Zunahme der Atrophie der grauen und weissen Substanz.1,4 Dies korreliert mit einer reduzierten neuronalen Plastizitätsreserve, weshalb Entzündungsaktivitäten oft subklinisch bleiben.4

 

Chronische Entzündung und Neurodegeneration bei MS

In der Frühphase der Krankheit sind periphere Immunzellen die Hauptakteure der MS. Mit fortschreitender Krankheit übernehmen immer mehr im Gehirn ansässige Immunzellen die Rolle der Entzündungstreiber.4

Bei der sekundär progredienten MS führen Entzündungsprozesse im ZNS durch Mikroglia und Astrozyten zur Neurodegeneration.4,6 Diese Zellen sekretieren reaktive Metaboliten und Zytokine, die mitochondriale DNA schädigen. Die daraus resultierende chronische Entzündung im ZNS führt zum Verlust von Oligodendrozyten und weiteren neuro-axonalen Schäden.6

Multiple Sklerose ist eine multisymptomatische Krankheit mit verschiedenen klinischen Erscheinungsbildern. Ein fundiertes Verständnis der Pathophysiologie und der verschiedenen Verlaufsformen der MS ist essenziell, um eine optimale Patientenversorgung und Therapieentscheidung zu gewährleisten.

 

Die Broschüre für ein besseres Verständnis von SPMS für Betroffene finden Sie hier:


 

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Referenzen:

  1. Dutta R, Trapp BD. Relapsing and progressive forms of multiple sclerosis. Current Opinion in Neurology. 2014;27(3):271-278. doi:10.1097/wco.0000000000000094
  2. Clinically Isolated Syndrome (CIS. Clinically Isolated Syndrome (CIS). National Multiple Sclerosis Society. 2021. Abrufbar unter: https://www.nationalmssociety.org/What-is-MS/Types-of-MS/Clinically-Isol...(CIS) (letzter Zugriff am 20.09.2023) 
  3. Types of MS | Multiple Sclerosis. MS International Federation. 2022. Abrufbar unter: https://www.msif.org/about-ms/types-of-ms/ (letzter Zugriff am 20.09.2023)
  4. Cree BAC, Arnold DL, Chataway J, et al. Secondary Progressive Multiple Sclerosis. Neurology. 2021;97(8):378-388. doi:10.1212/wnl.0000000000012323
  5. Lassmann H. Pathogenic Mechanisms Associated With Different Clinical Courses of Multiple Sclerosis. Frontiers in Immunology. 2019;9. doi:10.3389/fimmu.2018.03116
  6. Loma I, Heyman R. Multiple Sclerosis: Pathogenesis and Treatment. Current Neuropharmacology. 2011;9(3):409-416. doi:10.2174/157015911796557911
  7. Penner IK, Gass A, Schreiber H, Wattjes MP. Neuropsychologische und Magnetresonanztomographie(MRT)-Diagnostik bei sekundär progredienter Multipler Sklerose. Nervenarzt. 2021;92(12):1293-1301. doi:10.1007/s00115-021-01118-9
  8. Baecher-Allan C, Kaskow BJ, Weiner HL. Multiple Sclerosis: Mechanisms and Immunotherapy. Neuron. 2018;97(4):742-768. doi:10.1016/j.neuron.2018.01.021

 


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